Endlich endlos

Kein Roman

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(Was bisher geschah, entnehmen Sie bitte den früheren Folgen des Transdemokrat 2015)

Cliff Hänger ist auf dem Weg nach Hause. Was war das eben? Wieso ist er festgenommen worden, und so brutal? Warum dieses Verhör auf der Wache?

An der Hauswand gegenüber riesiges Plakat, Werbung für die LitCologne. Literatur? Unsinn: längst out. Nur noch Geschwätz in den Büchern. Stillos. Uninteressanter Inhalt. Und dennoch hochgejubelt von Feuilleton-Journalisten, die Sport studiert haben. Literatur? Quatsch. Stattdessen Emails, sms, Twittersätze, maxi­mal 140 Zeichen, messages in Blogs.

Fußmarsch Fußgängerzone. Pause für einen Espresso. Zwei Frauen am Nachbar­tisch, Gesprächsfetzen: Das war ihr aber noch nicht ekelig genug. Sie macht jetzt morgen eine Pyja­maparty. Und stell dir vor... Rest unver­ständlich, weil einen großen Bissen Brötchen mit Salami, Käse und Salat im Mund. Keine scheintoten Rentenverprasserinnen – mittelalt die beiden Frauen, dunkelblaue Plastikjacken, Turnschuhe, beide. Freundinnen. Eine Py­jamaparty, stell dir das mal vor! Erregung, die Sonnenbrille rutscht aus den Haaren auf die Stirn. Eine richtige Provokation ist das doch! (Antwort der anderen) Das ist es ja, was sie in diesem Alter noch nicht raffen! Die sind ja noch... (weiterer Biss vom Brötchen).

Auf der anderen Straßenseite McDonalds, Apotheke, Villeroy und Boch. Vorn an der Stra­ße rasen Polizei und Feuerwehr vorbei, Blaulicht, Martinshorn, schon wieder. Es wird kühler, die Sonne von grauen Wolken verdeckt.

Fußgänger hin und her, meist allein. Jeder fünfte mit Handy am Ohr. Jeder zehnte Zigaret­te im Mund, vor allem Frauen. Radfahrer, modisch bunt voll Werbung die Sturzhelme und Trikots, vollstoff Slalom. Noch ein Tatütata, Krankenwagen, oder Notarzt. Notfall? Unfall? Überfall? Schlägerei? Raub? Mord?

Ein Mann, höchstens fünfzig, durchwühlt Mülleimer. Mit Erfolg: zwei Plastikflaschen im­merhin.. Pfand 50 Cents.

Weiter der Fußmarsch. Zentrale Einkaufsstraße. Kundenströme jetzt hin und zurück. Shopping, shopping, von wegen Krise. Auffallend viele Japaner. Oder Chinesen? Glitzerlä­den. Alte Frau, zahnlos, zerknittertes Gesicht, verschlissene Klamotten, schmutzigen Co­ca-Cola-Becher vor sich für Almosen. Kaum zu sehen neben dem strahlendbunten Ein­gang zum Jeansladen.

Unübersehbar dagegen die Wahlplakate. Riesige Fotos der Kandi­daten, Miniwerbefloskeln darunter, daneben. Sie kennen mich: die Kanzlerin. Der Heraus­forderer provoziert mit seinem Mittelfinger.

Jetzt Bahnhofsgegend. Altstadt. Hier fast nur Türken. Türkische Restaurants. Türkische Läden für Klamotten, Lebensmittel, Handys, Änderungsschneidereien. Internetcafés für te­lefonische Heimatkontakte, preisgünstig. Dönerbuden. Alltag. Entlangschleichende SUVs, Scheiben unten, bis zum Anschlag aufgedrehte Unmusik, Bässe meilenweit zu hören WUMMMM-Tschi WUMMMM-Tschi WUMMMM-Tschi.

Plötzlich wird er von angerempelt. Als er sich umdreht, sieht er das Messer. Er hebt die Hände. Angst. Angst. Angst.

(Fortsetzung folgt)